2014 – Eine Bilanz
In der Gesamtschule Weierheide ist viel los, denn wir sind Kulturschule. Seit mehr als einem Jahr gehört die GeWei zu dem Kreis der „KulturSchulen“ in Oberhausen, die die kulturelle Bildung als Teil der Schulkultur verstehen und diese konsequent im Schulprofil verankern und täglich leben. Dies war eine zwangsläufige Entwicklung, denn im Rahmen des Projektes „Kulturagenten für kreative schulen“ begaben sich die Schüler mit ihren Lehrern immer in Begleitung von professionellen Künstlern auf den Weg zur kulturellen Bildung. Sie fördert maßgeblich die Persönlichkeitsentwicklung, die Ausdrucksfähigkeit und die Gestaltungskompetenz von Kindern und Jugendlichen. Musik, Theater, Malerei, Plastik, Film, Tanz oder Literatur eröffnen Kindern und Jugendlichen Gelegenheiten, sich selbst und die Welt um sie herum besser zu verstehen und grundlegende Kompetenzen für eine aktive Gestaltung der Lebens- und Arbeitswelt von heute und morgen zu erwerben. Sie fördert die SchülerInnen individuell und ermöglicht neue Zugänge zu komplexen Lerninhalten. Die aktive Auseinandersetzung mit ihren Lebensfragen und übergreifenden Gesellschaftsthemen im Medium der Künste eröffnet Kindern und Jugendlichen
Gelegenheiten, eigene Ideen, Gefühle und Gedanken zu erkunden und zum Ausdruck zu bringen, wie dies in keiner anderen Form in gleicher Weise möglich ist. Wir sind deshalb davon überzeugt, dass kulturelle Bildung in der Gesamtschule Weierheide wächst und weiter vorangetrieben wird. Der Motor sind die SchülerInnen und ihre ganz eigenen Wünsche und Vorstellungen von Schule.
Zur Verankerung der kulturellen Bildung entwickelte die Weierheide einen Kulturfahrplan. Dieser wurde gemeinsam mit SchülerInnen, Eltern, KünstlerInnen, LehrerInnen, der Kulturagentin und der Schulleitung erarbeitet und trägt zur strukturellen Verankerung von kultureller Bildung im Schulalltag bei. Die konsequente Vernetzung mit den Kulturinstitutionen in Oberhausen – festgeschrieben in Kooperationsverträgen – und die Verankerung von Inhalten, wiederkehrenden Projekten und Schaffung neuer Fächer, Kooperationen mit Schulen und die Weiterbildung der Lehrer in Workshops, veränderte das Profil der Schule nachhaltig.
Mittlerweile können alle Beteiligten auf einige Erfolge zurückblicken: KreSCH (=kreativeSchule) ist so, wie es sich anhört: es ist neu, es ist anders, und es ist immer was los! Parallel zum Fach „Darstellen und Gestalten“ bietet die Gesamtschule Weierheide den SchülerInnen ab Jahrgang acht die Möglichkeit sich ihren Neigungen entsprechend zu entscheiden: Liegt der eigene Schwerpunkt in den Sprachen, Naturwissenschaften oder im künstlerischen Bereich? Mit KreSCH wählen die Jugendlichen drei Jahre lang einen Kurs, der ihnen viele kreative Möglichkeiten bietet: ob darstellend-gestalterisch, musikalisch oder darstellendes Spiel. Vieles ist möglich, alles ist denkbar, denn individueller Freiraum gehört zur grundlegenden Idee des Kurses. Der Fokus liegt auf der Partizipation und einem Ergebnis am Ende des Schuljahres. „Eigentlich dachte ich, hier ist es chilig, aber man muss doch viel arbeiten:“ (Schülerin, 15 Jahre) Kreative Texte selbst verfassen, Konzepte ausarbeiten, Stücke selbst komponieren, Filme selbst drehen und das alles zwar mit Unterstützung eines Lehrerteams und eines Künstlers, aber doch weitestgehend selbstbestimmt. Und am Ende darf man das Eigene einem Publikum präsentieren. Wenn das keine Herausforderung ist! Aber bekanntlich lernt es sich beim eigenen Tun am besten.
Kulturelle Teilhabe und individuelle Förderung durch künstlerische Projekte bieten SchülerInnen neue Ausdrucksmöglichkeiten. Über eine neue Sichtweise an schulische Aufgaben heranzutreten erlebt eine große Anzahl an Beteiligten als überaus interessant. Gerade hier können Kinder den gewohnten Weg verlassen und Neuland entdecken. „Irgendwie passe ich nicht so richtig in das Muster, das alle in mir sehen! Vielleicht zeige ich meinen MitschülerInnen, aber auch den Lehrern, was alles in mir steckt!? Lasst euch alle überraschen! Es gibt noch viel mit mir zu erleben…“ So oder ähnlich denken vielleicht einige Schülerinnen und Schüler. Nur wo kann die noch unbekannte Seite ausgelebt werden? Für Erfolge im kulturellen Bereich ist es notwendig mit „neuen“ kulturellen Begebenheiten vertraut zu werden und zum Erkunden der großen Landkarte KULTUR bedarf es bestimmter Voraussetzungen. Wo „wartet“ denn die Kultur auf mich? Im Museum oder im Theater, im Atelier oder in der Schule, zu Hause im Handy oder dem Tablet, in Deutschland oder sogar irgendwo im Ausland? Traue ich mir zu mich darauf einzulassen? Muss ich ganz ruhig sein? Sitze ich schon wieder auf dem Holzstuhl im Klassenraum oder bewege ich mich? All diese Fragen und noch viele mehr wollen beantwortet werden. Die Kulturkids bieten drei Tage Kulturerlebnis. In Kooperation mit Kultureinrichtungen in Oberhausen und dem Ruhrgebiet (also noch nicht im Ausland, das kommt erst später) machen die SchülerInnen der Weierheide erste praktische Kontakte mit der KULTUR im Umfeld. Anregungen für die Kultur zu Hause werden gleich mitgeliefert und können direkt ausprobiert werden.
Plato wusste bereits „die Musik aber ist der wichtigste Teil der Erziehung: Rhythmen und Töne dringen am tiefsten in die Seele und erschüttern sie am gewaltigsten“. Percussion, also das Nutzen von Schlaginstrumenten zur Erzeugung von Rhythmen, begeisterte nicht nur den Schüler Sokrates` vor über 2000 Jahren, sondern auch heute noch alle Beteiligten! Vor allem die jungen SchülerInnen erfahren Musik als neue Ausdrucksform, als Kommunikation. Und diese kann direkt genutzt werden, um Inklusion spürbar, greifbar und erfolgreich zu machen. Davon berichten auch SchülerInnen der Partnerschulen LVR Christoph-Schlingensief und Weierheide, die in dem Projekt „Percussion“ gemeinsam Rhythmen getrommelt und dadurch miteinander gesprochen haben. Hier setzen wir an, um das zusammenzubringen, was zusammen gehört: Menschen mit körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen sowie Kinder unserer Gesamtschule.
Für Jugendliche hat Tanz eine besondere Bedeutung, da nicht nur unterschiedliche kulturelle Ausprägungen im Tanz integriert und genutzt werden, sondern als eine neue und elementare Ausdrucksmöglichkeit eingesetzt werden kann. Zu selbst ausgesuchter Musik entwickeln die Jugendlichen mit Unterstützung eines professionellen Tänzers zwei Schulstunden jede Woche eigene Tanzchoreographien. „Tanz im Unterricht anzubieten, und sei es vorerst als Pilotprojekt für die siebten Jahrgänge, ist eine große Bereicherung für die schulische Bildung“, erklärte ein Tänzer von „Tanz in Schulen NRW“. Das Tanzangebot in Klasse 7 in allen vier Klassen bietet die Chance die Identitätsentwicklung zu unterstützen und das „Körper-Ich“ neu zu erleben und einen neuen Ausdruck zu finden. Durchhaltevermögen und Konzentrationsfähigkeit werden in einem solchen kreativen Prozess erlernt. Im künstlerisch geleiteten Gruppenprozess werden soziale Kompetenzen erweitert, da Konfliktlösung und Kooperation geübt werden. Fremdes kann leichter akzeptiert und wertgeschätzt werden. Tanz beeinflusst in hohem Maße sowohl die Persönlichkeits- und Ich-Findung als auch die Sozialkompetenzen von Kindern und Jugendlichen. Tanz weitet den Blick auf die Welt! Und damit Laufen, Leichtathletik, Turnen und Mannschaftssport nicht zu kurz kommen, ist das Sportangebot in Klasse 7 vierstündig!
Die gymnasiale Oberstufe der Gesamtschule Weierheide setzt sich aus Schülerinnen und Schülern mehrerer Schulen zusammen. Zum einen erreichen eine hohe Anzahl der Gesamtschülerinnen und -schüler einen qualifizierten Abschluss und wechseln in den gymnasialen Zweig, zum anderen steigen die Anmeldezahlen für die Jahrgangsstufe 11 seit Jahren an. Kulturelle Teilhabe und individuelle Förderung endet in der Weierheide deshalb nicht mit dem Abschlusszeugnis nach Klasse 10. Daher sind wir bemüht, neben einem breiten kulturellen Angebot in der Oberstufe, auch hier einen eigenen Raum für den individuellen Ausdruck der jungen Erwachsenen zu schaffen. SchülerInnen Möglichkeiten zu bieten, selbstständig und mit größtmöglicher Autonomie an Inhalten zu arbeiten, das bieten die vielfältigen zweistündigen Projektkurse unserer Schule. Diese handlungs- und produktorientierten Kurse in der Sekundarstufe II decken dabei unterschiedlichste Bereiche ab. Einige SchülerInnen setzen sich zum Beispiel mit Glauben und Glaubenskultur auseinander, andere planen internationale Begegnungen und lernen die kulturelle Vielfalt Europas kennen. Auf medialer Ebene produzieren SchülerInnen Radiofeatures zu aktuellen Themen unserer Gesellschaft oder schreiben literarische Texte und Rezensionen für die Schülerzeitung und die Schulhomepage. Naturwissenschaftlich Interessierte erforschen das Feld der Genetik, während die Sportbegeisterten in Kooperation mit dem BSNW (Behindertensportbund Nordrhein-Westfalen) einen Übungsleiterschein erwerben. Die Ergebnisse werden am Schuljahresende einem Publikum im Rahmen von Ausstellungen oder als Radiosendung oder im Unterricht präsentiert und dokumentieren auf diese Weise die Vielfältigkeit der unterrichtlichen und kulturellen Arbeit unserer Schule. Zudem gewährleisten zahlreiche Kooperationen mit den umliegenden Kulturinstitutionen, dass unsere SchülerInnen immer wieder in und durch Ausstellungen, Theaterstücken, Filmclips etc. ihre kulturelle Kompetenz erweitern. Dabei helfen uns das Stadttheater, das LVR-Industriemuseum, die Galerie Ludwig, die Stadtbibliothek, die Internationalen Kurzfilmtage, das Stadtarchiv und die Musikschule.
Kann eine Poetry-Aktion die Gräuel des 1. Weltkriegs reflektieren ohne ins Banale abzudriften? Darf ein innovatives Kochbuch inspiriert sein von der Mangelküche damals? Können ethische Grundfragen mit einer Postkartenaktion beantwortet werden? Werden überlebensgroße Chemiemodelle verdeutlichen wie sich eine Gaswolke verhält? Was passiert wenn experimentelle Soundcollagen in der Ausstellung des LVR installiert werden? Und was hat der Blaue Reiter damit zu tun?
Die SchülerInnen haben sich auf eine spannende Expedition in die Vergangenheit begeben. Sie haben sich dem Zeitfenster um den 1. Weltkrieg genähert: wissenschaftlich, interdisziplinär, interpretierend, experimentell, künstlerisch und vor allem ehrlich. Sie sind der Frage nachgegangen: Welche Anknüpfungspunkte gibt es heute? Und was können wir aus der Vergangenheit lernen? Die Kooperationspartner laden auf der Website www.1914inschool.de zu einer fächerverbindenden Auseinandersetzung ein! Hier treffen verschiedene Projektskizzen der engagierten Teams und Ankündigungen für geplante Aktionen rund um das Industriemuseum des LVR in Oberhausen auf den Besucher.
Unser Qualitätssiegel “KulturSchule” beinhaltet u. a. die Verpflichtung zur besonderen Förderung des Lesens und der Lesefähigkeit. Die erfolgreichen „Lesetage“ im Rahmen der Aktion „Oberhausen liest“ sollen weiter ausgebaut werden. Auch die Jahrgänge 8 bis 10 dürfen teilnehmen. Ein Kulturtag bei unseren Kooperationspartnern soll das Programm in die Mittelstufe tragen und die enge Verbindung zwischen der Gesamtschule und den Kultureinrichtungen der Stadt festigen. Dabei können wir eng mit der Schulbibliothekarischen Arbeitsstelle Oberhausen zusammenarbeiten. Denn aus langer Tradition besteht eine Kooperation zwischen diesen beiden Partnern, die immer weiter intensiviert wird: So entern die SchülerInnen der GeWei einmal im Jahr das Bert-Brecht-Haus und stellen viele künstlerische Werke im Foyer aus. Doch auch die anderen Sparten der künstlerischen Arbeit dürfen hier präsentiert werden. Das Bert-Brecht-Haus wird zur Bühne für die KreSch-Kurse, für Tanzperformences und gesangliche Darbietungen auch im Netzwerk mit der Hauptschule Altstaden und der Fasia Jansen Gesamtschule.
Natürlich ist nicht immer gut, was einmal funktioniert! Daher evaluiert die GeWei den Kulturfahrplan in regelmäßigen Abständen und prüft die Umsetzung der Ideen auf zukünftige Ausrichtungen der Schule und veränderte Rahmenbedingungen. Und damit wir unseren Blick nicht verengen, öffnen wir unsere Schule nach außen: Die Gesamtschule Weierheide wird Referenzschule im Projekt „Zukunftsschulen NRW – Netzwerk Lernkultur Individuelle Förderung“ von Sylvia Löhrmann (Schulministerin NRW)! Wir gehen also mit der Zeit, denken voraus und sind Multiplikator, damit andere von und mit uns lernen.
Stefan Bernert
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